rainer holzapfel

Der Untergang des Hauses Usher


nach Edgar Allen Poe
Theater Naumburg 2015

 

Eine Phantasmagorie über Depression, Geschwister-Inzest, belebte Materie, Mord und Selbstmord und über den scharfen Grat zwischen Halluzination und Wirklichkeit. Geräuschhafte Musik, musikalische Geräusche, meditative Bewegungsabläufe, Überblendungen von Objekten und Projektionen, dazu die suggestive Sprache Poes lassen den Zuschauer eintauchen in die düstere Welt des dem Untergang geweihten Geschlechts der Usher.

 

"Formal hält sich die Inszenierung von Rainer Holzapfel weitgehend an die Vorlage Poes, bleibt der unbekannte Erzähler der Geschichte, der auf Einladung von Hausherr Roderick das Usher-Schloss besucht, anonym... Die stumme Rolle der oft nur als Videoprojektion erscheinenden Schwester spielt Betty Wirtz, die auch den Part eines scheinbar ziellos im Haus agierenden buckligen alten Dieners übernommen hat... Bewusste Kargheit in der Ausstattung statt opernhafte Opulenz: Die Handlung spielt in einem Bühnenbild, das nur aus großen viereckigen dunklen Säulen besteht. Wobei eine durchgehende Handlung im Sinne des klassischen Theaters kaum vorhanden ist. Vielmehr verwendet Holzapfel, der auch für die Ausstattung verantwortlich zeichnet, Elemente des absurden Theaters, um die Orientierungslosigkeit der Protagonisten des Untergangs zu charakterisieren. Monologe dominieren, und dort, wo man Dialoge erwartet, reden der Ich-Erzähler und der kranke Hausherr im Wortsinn aneinander vorbei. In diesen irrealen Szenen verdeutlichen Preuß und Meyer eindrucksvoll die seelische Befindlichkeit des in seinem Krankheitswahn gefangenen Roderick und die Selfe-Made-Man-Philosophie des Freundes... Der ist im Gegensatz zur literarischen Vorlage aber kein Unbeteiligter, sondern versucht wie ein Detektiv hinter das Geheimnis der Krankheit zu kommen und durch eine Art Schocktherapie Usher zu heilen. Dieses letztlich absurde Bemühen endet in einer doppelten Katastrophe: Roderick, der seine Schwester lebendig begraben hat, wird von dem Namenlosen selbst in eine sargähnliche Säule eingesperrt. Und das ganze marode Schloss, dessen Verfall schon durch Risse in einer Videoprojektion angedeutet wurde, stürzt in sich zusammen: Alle Säulen fallen krachend um."

NAUMBURGER TAGEBLATT

 

 

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Fotos: Nicky Hellfritzsch